Neo Pop
Symbolismus
Gegenstände der Alltagskultur und Objekte aus der Medienwelt begegnen uns in den Bildern von Munichthal ebenso wie Symbole aus alten Kulturen.
Einige Pop-Art-Künstler – ich denke zum Beispiel an Allen Jones oder Richard Hamilton – blieben aber nicht bei der mehr oder weniger naiven Darstellung der Oberflächen stehen, sondern sie setzten durch die Raffinesse ihrer künstlerischen Mittel die scheinbar banalen und trivialen Gegenstände der Konsumwelt in einen ungewöhnlichen Kontext, in eine verfremdende Perspektive. So wird der Gegenstand durch das Medium Bild zum Objekt der Reflexion, in manchen Fällen zum Gegenstand der Kritik.

Munichthal geht diesen Weg der Reflexion und er geht noch darüber hinaus. Und das führt uns nun vom Begriff Pop zum Begriff Symbolismus. Mit dem populären Objekt geht er in den meisten Bildern sparsam um, der banale Gegenstand ist da, aber wird oft nur als knappes Zitat in das vielschichtige Formenflechtwerk integriert. Die Assoziation Pop-Art entsteht nur teilweise durch die Wahl der Gegenstände, zu einem größeren Teil wohl durch Munichthals Umgang mit Farbe, Form und Linie.

Wer aber meint, diese Lust an den Flechtwerken (teils bunt auf den Acrylbildern teils schwarz-weiß in grafischer Darstellung), beschränke sich auf die Lust am Ornament, am knalligen Design, sieht nur auf die Oberfläche, aber nicht die Verknüpfung der Motive und ihre dadurch entstehende symbolische Tiefenwirkung.

Munichthal nimmt für seine Kunst aus gutem Grund nicht nur das Vokabel „Pop“ in Anspruch, sondern auch den Begriff „Symbolismus“. Und leistet so die Synthese des scheinbar Unvereinbaren. Munichthals Bilder sind symbolisch, sind mythisch. Sie können unterschiedliche künstlerische Phasen erkennen; einen Wandel in der Handhabung formalen Mittel, aber es scheint eine Konstante zu geben.
Munichthal beruft sich auf Wilfred Rupprecht Bion und dessen Konzept von Container und Contained, also das Konzept des Gefäßes und der Sache, die das Gefäß füllt. Natürlich haben wir es in diesem Fall mit erotischer und sexueller Symbolik zu tun, mit dem Erlebnis von Angezogensein, Hingabe und Durchdringung. 

Dieses Prinzip ereignet sich idealtypisch in der Vereinigung der Liebenden. Da es sich aber in Munichthals Bildern in den unterschiedlichsten formalen Konstrukten wiederholt, erscheinen diese Details oft wie Variationen eines archetypischen Grundmusters. Munichthal selbst verweist in diesem Zusammenhang auf Platons „Gastmahl“. 

In diesem philosophischen Dialog erzählt ein Philosoph vom Mythos der Liebe und der Freundschaft. Nach dem Ende der Allverbundenheit in mythischer Vorzeit wurden die Wesen getrennt. Seither irrt das zur Halbheit gewordene, ehemals ganze Wesen umher, auf der Suche nach seiner Ergänzung. Findet es sie, so ereignet sich Liebe, ein Wiedererkennen und Wiederfinden.

In Munichthals Bildern ereignet sich ununterbrochen ein Wiederfinden der Formen. Herausragend: die Symbolik des Doppelkopfes. Der Doppelkopf repräsentiert die Idee einer Verschmelzung von Getrenntem. Aber darüber hinaus setzt Munichthal seine Doppelköpfe oft in Bezugssysteme, in denen sie zum empfangenden und ausscheidenden Gefäß werden und so auch auf diese Weise das Motiv.

Die Originalität von Munichthals Werk sehe ich in einer scheinbar popkulturellen Oberfläche, die aber aus Zeichen von intensivem Symbolwert gewebt ist. So verbirgt sich hinter dem vordergründigen formalen Spiel der tiefe Ernst eines Künstlers, der den Anspruch auf individuelle Authentizität stellt. 

Dr. Christian Schacherreiter